Freitag, 12. Dezember 2014

Hiking Bear Peak

Hallo ihr Lieben,

da bin ich wieder. Diesmal mit einer "Outdoor Story" ;-) In den letzten 14 Tagen war ich fast täglich auf den Trails in und um Boulder unterwegs und ich hab dabei erst ein Fitzerl an Möglichkeiten ausgekundschaftet, die es hier gibt. Eine meiner momentanen Lieblingsstrecken ist der Eagle/Sage Trail, der zwar nicht in den Bergen, dafür aber durch die Prärie, am Fuß der Berge verläuft. Dadurch sieht man nicht nur die weite Ebene der Prärie, sondern auch die Front Range die sich im Westen von Boulder auftürmt. Leider hab ich beim Laufen kein Handy mit, sonst wüsstet ihr anhand der Bilder sofort warum ich diesen Platz so wunderschön finde. Es hat ein bischen was von Kitsch und Wildwestromantik, denn man läuft unter anderem auch an einem Grad entlang, unter dem sich ein Tal mit kleinen Seen und ewig weiten Weideflächen mit Kühen und Pferden ausbreitet. Fast erwartet man schon, dass Winnetou hinter dem nächsten Busch hervorkrallt ;-) Aber genug geschwärmt, ich möcht euch jetzt von meiner Wanderung auf den Bear Peak berichten....

Alles fängt damit an, dass ich wieder mal zu spät dran bin. Gut, die Sonne scheint, der Tag ist lang, aber der frühe Vogel fängt bekanntlich den Wurm...aber ich zähle mich nicht zu den frühen Vögeln. Morgens brauch ich einfach meine "Anlaufzeit". Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass ich Andis Rat, die Routendaten auf seine supermoderne GPS Uhr zu laden, damit ich mich nicht verlaufe, einfach ignoriere. Erstens bin ich ohnehin schon spät dran und zweitens...wer braucht denn schon GPS Routendaten. Die gute alte Wanderkarte hat früher auch gereicht und außerdem hab ich ja noch den dicken Wandertourenwälzer, den wir uns gleich in den ersten Tagen hier zugelegt haben. Bevor ich außer Haus gehe markiere ich die Wegbeschreibung im Buch noch fein säuberlich mit einem Leuchtstift, Ordnung muss sein. Die teure GPS Uhr baumelt an meinem Handgelenk und ich glaube mich daran zu erinnern, dass man die Strecke, die man zurücklegt, aufzeichnen kann sodass man falls man sich verirrt zumindest den selben Weg zurück findet, den man gekommen ist. Ich habe zwar keine Ahnung wie das funktioniert, aber zur Not kann man ja Andi kontaktieren...falls es am Berg Handyempfang gibt. Egal, die Uhr hat ja zusätzlich diese nette Puls- und Kalorienfunktion (wie man die einstellt weiß ich mittlerweile), somit weiß ich zumindest wieviel Kalorien ich verbrauche, wenn ich orientierungslos mit GPS Uhr durch Boulders Wälder und Berge irre. Nachdem Hund und Rucksack im Auto verstaut sind geht es los. Mein Handy, das mich fleißigst überall hin navigiert wo ich hinmöchte, zeigt: Ankunftszeit 10 Uhr. Na ja, hätte schlimmer kommen können. Ich bin zufrieden. Dadurch das ich keine Zeit mit dem Herunterladen des Tracks verbracht habe, habe ich zumindest in etwa eine halbe Stunde eingespart. 13 Minuten später stehe ich am "Mesa Trailhead". Marley kanns schon garnicht mehr erwarten, endich raus aus dem Auto. Zur Sicherheit marschiere ich aber erstmal zu den Wegweisern, die den Start des Trails markieren. Tatsächlich befindet sich dort nur ein Wegweiser auf dem in großen Buchstaben "Bear Canyon Trail" steht. Acha. Eigentlich sollten hier 3 Wegweiser stehen und das auf keinem diesr 3 Bear Canyon Trail stehen sollte brauch ich wohl nicht zu erwähnen. Marley rudert im Kofferraum herum, er will endlich raus. Entnervt breite ich unsere große Boulderkarte auf der Motorhaube aus, erstmal brauche ich ein paar Minuten bis ich den Bear Canyon Trail finde und dann noch einmal ein paar Sekunden bis ich realisiere: Ich bin hier falsch. Komplett falsch. Ich bin noch immer viel zu weit nördlich, eben am Mesa Trailhead. Mein schlaues Wanderbuch weiß aber, ich gehöre zum South(!) Mesa Trailhead. Na das fängt ja schon mal gut an. Ich tröste mich damit, dass die GPS Uhr mir hier auch nicht weitergehlfen hätte. Blödes Handy. Nach weiteren 15 Minuten Fahrt ist es dann soweit, Eldorado Springs, South Mesa Trailhead. Innerlich klopfe ich mir auf die Schulter, gut gemacht. Ich habe den Ausgangspunkt gefunden (das die Sonne mittlerweile schon recht hoch steht brauch ich wohl nicht zu erwähnen). An der Einfahrt der Parking Area prangt ein großes Schild: "If you have no Boulder County car registration, you have to pay a 5 Dollar parking fee." (Wenn ihr Auto nicht in Boulder County registriert ist, müssen sie eine Parkgebühr von 5 Dollar bezahlen.) What the f***?! Sehnsüchtig denke ich an meinen ersten Halt am Mesa Trailhead zurück, dort gabs keine Parkgebühr. Zur Sicherheit halte ich neben einem älteren Herren, der gerade seinen Riesenruksack aus dem Truck schleift und ihn sich über die Schultern hieft. "Entschuldigen Sie, kennen sie sich hier aus? Muss ich hier Parkgebühr zahlen? Wir haben unser Auto gerade erst in Boulder gekauft und müssen es erst registrieren lassen." Fragen kostet ja nichts und es wird immer heißer gekocht als gegessen. Vielleicht erklärt mir der nette Einheimische gleich, dass das mit den Parkgebühren nicht so eng ist und ich mir keine Gedanken zu machen brauche, solange ich unser Auto nicht für 3 Tage hier stehen lasse. Falsch gedacht. Der etwas ältere, aber sehr fit wirkende Boulderianer beginnt von einem Ohr bis zum anderen zu grinsen. Ja um die Parkgebühr komm ich nicht drum herum. Und was ihn noch viel mehr zu belustigen scheint ist die Autoregistrierung, die uns noch bevorsteht. Die kann nämlich sehr sehr teuer werden erklärt er mir, 300 Dollar hat er letztes Jahr für seinen Neuwagen berappen müssen. Und kann sich das Lachen fast nicht mehr verkneifen, als er meinen entsetzten Gesichtsaudruck bemerkt. Schadenfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Ich bedanke mich höflich und grummle äußerst unhöflich vor mich hin, während ich den Wagen einparke. Gott sei Dank findet sich in meiner Brieftasche noch ein 5 Dollar Schein. Mit einer Laune die bald auf den Nullpunkt trifft stopfe ich den 5er in ein bereitgestelltes Kuvert, das dann in einem postkastlähnlichen Kisterl verschwindet. Den Abrisszettel lege ich hinter die Windschutzscheibe. Als ich den armen Marley dann endlich aus dem Auto entlasse damit er sich erleichtern kann, ist die Sonne nochmal ein ganzes Stük weitergewandert. Endlich kann es losgehen. Ich klemme mir den dicken Wanderrutenwälzer unter den Arm, wenn meine GPS Uhr den Kopf schütteln könnte würde sie es tun, und marschiere los. Ich weiß, dass ich das Buch am Anfang der Tour brauchen werde, weil hier sehr viele Trails kreuzen, aber nach kurzer Zeit sollte ich am Hapttrail sein, dann kann ich es wieder verstauen. Die Gegend sieht vielverspechend aus und nach wenige Minuten taucht die Front Range mit dem Bear Peak vor mir auf:


Wenn ich mich um 180 Grad drehe, blicke ich hinaus in die Prärie:


Mittlerweile ist es warm...richtig warm. Nach 10 Minuten ziehe ich Jacke und Langarmoberteil aus, nach 15 Minuten die lange Hose, die ich über der kurzen Dreiviertelhose trage. (meist ist es auf den Bergen kühler, der heutige Tag bildet eine gewaltige Ausnahme). Marley keucht hinter mir nach. Solche Temperaturen ist er nicht mehr gewohnt und er wirkt weder sonderlich begeistert noch motiviert bei der Wärme eine längere Tour in Angriff zu nehmen. Mir wurscht, eine "lange" Anfahrt und 5 Dollar, die sicher verwahrt im Parkgebührkisterl liegen, treiben mich voran. Langsam und stetig steigen der Weg, als auch mein Puls an. So schnaufe ich am Trail dahin, Marley schnauft hinterher. Ganz schön dünn die Luft hier und dann die Wärme, keine Wunder dass der Puls so hoch ist, siniere ich keuchend vor mir hin. Nach einiger Zeit höre ich Schritte hinter mir, die fallen sofort auf, denn es ist mucksmäuschenstill auf den Wegen. Als ich mich umdrehe kommt eine Frau mit ihrem Hund angerannt. Ja, richtig gelesen, sie rennt. Ich kann es zuerst auch nicht glauben und denke an eine Fatamorgana. Vielleicht tut mir die dünne Luft ja nicht gut. Aber die Frau rennt tatsächlich und binnen kurzem ist sie an mir vorbei, ohne zu grüßen, aber auch ohne zu Keuchen. Ich blicke auf meine Uhr, 160 Puls im Schrittempo. Irgendetwas läuft hier falsch. Entweder stimmt mit meiner Uhr etwas nicht, oder mit der Frau. Ich beschließe, dass bei der Frau etwas falsch läuft und bin wieder beruhigt. Nach dieser Begegnung treffe ich lange Zeit auf niemanden. Der Trail schlängelt sich durch die Landschaft und ist eigentlich kaum zu verfehlen. Ha, denke ich selbstgerecht, wer braucht schon GPS Routenkoordinaten. Nach einer knappen Stunde kommt mir ein älteres Ehepaar entgegen. Ob sie auf dem Bear Peak waren, will ich wissen. Die Frau runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. Nein, viel zu steil und außerdem ist der Trail aufgrund der großen Überflutungen, die hier waren, nur sehr schwer zu erkennen. Sie würde mir nicht raten dort hinaufzuegehen. Ihr Mann blickt mich ein wenig mitleidig an und dann setzen sie ihren Weg fort und lassen mich entnervt zurück. Das solls jezt gewesen sein? Nach einer knappen Stunde soll ich wieder umdrehen und nachhause fahren? Ich blicke hinunter zu Marley, der hechelt vor sich hin und hätte wohl nichts dagegen sich auf den Heimweg zu machen. Nichts da, das wäre doch gelacht. Ich komme vom Land, wenn man da in den Wäldern herumrennt findet man auch immer irgedwie wieder nach Hause. Einmal tief durchatemn und auf gehts. Der Weg schlängelt sich einen Canyon entlang und beginnt plötzlich steil anzusteigen. Schritt für Schritt kämpfe ich mich nach oben. Mittlerweile ist es wirklich unangenehm heiß geworden und ich muss mein Tempo ein wenig drosseln um nicht völlig außer Atem zu geraten. Der Pfad ist nicht mehr klar als solcher erkennbar. Überall liegen Bäume, Felsbrocken und Steine, die durch die Überflutung angeschwemmt worden sind und nun den Weg blockieren. Aber dazwischen findet man immer wieder ausgetretene Stellen an denen man erkennen kann, dass hier einmal ein Pfad durchgeführt hat. Hin und wieder denke ich an Bären, Berglöwen und Klapperschlangen. Bei Marleys Voice and Sight Tag Kurs wusste die Vortragende zu berichten, dass sie einmal innerhalb einer Wanderung 5 Bären gesehen hat...5!!! Schnell verwerfe ich den Gedanken wieder. Wo kommen wir denn da hin? In der Stadt ist es 100 mal gefährlicher als in den Wäldern und meist sehen die Tiere einen ohnehin bevor man sie wahrnimmt und ergreifen die Flucht. Trotzdem komme ich nicht umhin aus "Vorsichtsgründen" immer wieder mal laut nach Marley zu rufen oder zu pfeifen, der seelenruhig an der Leine hinter mir hertrottet und absolut keine Ahnung hat, warum ich so einen Radau mache. Nach ein paar weiteren Höhnemetern ist es plötzlich soweit, Sackgasse. Mistiger Mist Mist. Wie konnte das denn jetzt passieren? Vor mir breitet sich ein Hang voller Felsbrocken aus. Wie soll man denn da noch einen Pfad erkennen? Umdrehen kommt für mich nicht in Frage, ich kann schon den Bergkamm sehen, so weit kann es nicht mehr sein und vielleicht verläuft ja der Weg auf der anderen Seite der Felsbrocken weiter. Also kralle ich, Marley im Schlepptau, über die Felsblöcke. Die Sonne brennt auf uns herunter und wenn Marley reden könnte hätte er mir jetzt wohl so einiges an Unfreundlichkeiten zu sagen. Aber am Ende des Felsenhaufens führt kein Pfad weiter, nichts. Nur Wald. Und irgendwo rechts ober mir der Berggipfel auf den ich eigentlich wollte. Und jetzt? Ganz so schnell aufgeben will ich auch nicht aber hier gehts erstmal nicht weiter. Also krabbeln wir wieder die Felsen hinunter, zurück zum Ausgangspunkt wo ich dann ersmal die Wanderkarte ausbreite. Die ist mir aber auch keine große Hilfe, es gibt ja nur mehr einen Pfad hier rauf und den habe ich verlohren. Schuldbewusst schiele ich auf meine GPS Uhr, die mir höhnisch mit meinem viel zu hohen Puls entegenblinkt, sonst aber keine große Hilfe ist. Da höre ich tief unter mir etwas im Wald...und dann schnaufen und keuchen...ein Mensch. Ha, gerettet. Ich kann mein Glück kaum fassen. Nachdem man hier so gut wie keiner Menschenseele begegnet, kommt ganu in dem Moment jemand daher, an dem ich nicht mehr weiter weiß. Hastig stopfe ich die Karte zurück in meinen Rucksack, jetzt blos nicht so tun als hätte ich die Orientierung verlohren. Ich krame tief in den Taschen, befördere einen Apfel ans Tageslicht und gebe dann vor ganz entspannt hier ein Päuschen einzulegen während ich beobachte wie der Wandersmann näher kommt...und dann ca 100 Meter unter mir scharf nach links abbiegt bevor er wieder ansteigt. Wie jetzt? Hastig katapultiere ich meinen Rucksack auf den Rücken und hechte bergab, Marly hinter mir herziehend, der absolut nicht versteht warum er bei den Temperaturen jetzt auch noch rennen soll. Und siehe da, da ist der Trail! Wie konnte ich den nur übersehen, ganz klar erkennbar schlängelt er sich den Berg entlang weiter nach oben. Erleichtert und dankbar, genüsslich meinen Apfel kauend steige ich wieder bergan, Marley bekommt auch ein Stückchen Apfel, als Entschuldigung für die ganze Aufregung. Während ich so dahinmarschiere, fällt mir plötzich ein Liedchen ein: "Das Wandern ist des Müllers Lust..." und weil sowieso weit und breit niemand mehr ist trällere ich laut vor mich hin "...das WaaaAaaAAaandern.". Nach ein paar Sekunden muss ich aber wieder aufhören weil mir die Puste ausgeht. Bald ist es dann soweit und der Bergkamm taucht vor mir auf:


Und kurze Zeit später den Gipfel: 
Geschafft!!!

Blick Richtung Indian Peak Wilderness
Blick Richtung Boulder und Prärie.
Hier sieht man schön wie die Front Range Richtung Boulder hin abfällt.  



 

Am Gipefl treffe ich dann noch ein paar nette Amerikner, die aus dem Nähkästchen plaudern und von einer Schweizerin erzählen, die sie einmal auf einem Bergrücken aufgelesen haben. Die Gute hatte Atemnot aufgrund der Höhe und sie brachten sie wieder zurück ins Tal. Dort angekommen beschlossen die Amerikaner, die Schweizerin zuhause abzuladen, um dann nch auf ein paar Bierchen in die Brauerei zu fahren. Als die Dame aus der Schweiz das hörte, ging es ihr auf einmal garnicht mehr so schlecht und nachhause wolle sie schon garnicht mehr. So kam es, dass sie den restlichen Abend gemeinsam in der Brauerei verbracheten. Lange Rede kurzer Sinn, es wurde es nettes Zusammensein am Gipfel und als sich alle wieder auf den Rückweg machten (sie waren über einen anderen Trail aufgestiegen) blieben Marley und ich noch ein Weilchen um die Stille und die Aussicht zu genießen. Der Rückweg war dann ein Leichtes. Erstens ging es bergab und zweites kannte ich den Weg nun schon ein bischen. Als wir beim Auto ankamen stand die Sonne schon tief. Ich weiß nicht wer nach der Wanderung mehr ko war, Marley oder ich. Aber das eine weiß ich sicher, bis zur nächsten Bergtour kenn ich mich auf der GPS Uhr aus ;-)
Alles Liebe & bis bald...Marley & me

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